Allgemein

Landärztin und Mutter: eine (Un)Möglichkeit?

Bereits im Studium galt mein Interesse der Allgemeinmedizin. Nach der 6-monatigen Lehrpraxis in einer Hausarztordination war ich mir sicher – mein Traumjob! Auf eine zweijährige Anstellung im Krankenhaus erfolgte die Übernahme einer allgemeinmedizinischen Kassenpraxis im Hausruckviertel. Im Gespräch mit niedergelassenen Kolleginnen hörte ich immer wieder, dass es am besten sei die Familienplanung vor Ordinationsgründung abzuschließen, weil sich diese beiden Dinge nur sehr schwer vereinen ließen. In der Einarbeitungsphase als niedergelassene Ärztin schienen sie Recht zu behalten, da ich vor Arbeit fast unterging.

Nach 1,5 Jahren erfolgreicher Praxisführung war es nun soweit – ich war schwanger. Zu einem erfüllten Privatleben gehörten für mich neben einer glücklichen Partnerschaft schon immer auch Kinder. Zahlreiche Gedanken beschäftigten mich: Kind und Ordination – schaffe ich das überhaupt? Wie wird es mir (uns) gehen – kann ich bis zur Karenz arbeiten? Finde ich eine Vertretung? Wie werden die Patienten das auffassen, wenn ich einige Monate nicht da bin – wechseln sie vielleicht den Hausarzt? Ab wann werde ich wieder arbeiten und wer betreut mein Kind? Eine Menge Fragezeichen also!

Drei Monate nach der Entbindung kehrte ich tageweise in den Arbeitsalltag zurück (insgesamt war ich 4 Monate daheim – 1 Monat vor und 3 Monat nach der Geburt). Da mein Mann in Vaterkarenz war, ließ sich diese Vorgehensweise gut vereinbaren. Die Vertretungsärztinnen, welche ich aus meiner Krankenaus- bzw. Lehrpraxiszeit kannte, teilten sich die einzelnen Wochentage untereinander auf, sodass der Ordinationsbetrieb lückenlos fortgeführt wurde. Die Patientinnen und Patienten sind mir treu geblieben, und es war sogar das eine oder andere „neue Gesicht“ dabei. Die Vertretungsärztinnen machten bis zum vollendeten ersten Lebensjahr meines Kindes tageweise Vertretungen. Nach der Vaterkarenz brachte ich meinen Sohn bei einer Tagesmutter im Ort unter. Da er dort Einzelbetreuung hat, wurde er zum Stillen in die Ordination gebracht oder bekam problemlos Muttermilch vom Fläschchen.

Meine Umsatzzahlen blieben – bis auf leichte Einbußen von 10-15% durch den Wegfall der Dienste im HÄND – beinahe stabil. Somit hat mein Ordinationsteam während meiner Abwesenheit wirklich tolle Arbeit geleistet. Da bekanntlich gute Arbeit auch ihren Preis hat, empfehle ich die Vertretungsärzte angemessen zu bezahlen. Heute – gut zwei Jahre später – kann ich aus Überzeugung behaupten, dass eine erfolgreiche Ordinationsführung und Muttersein schaffbar sind. Zugegebenermaßen ist es nicht immer einfach, am Anfang wird einem einiges an Organisationsarbeit abverlangt.

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass mein Mann und ich den gleichen Beitrag zur Kindererziehung leisten und falls einmal Not am Mann ist, stehen die Großeltern helfend zur Seite. Meines Erachtens birgt die Kombination von Familie und eigener Ordination einige Vorteile: Durch die Etablierung des HÄND sind (viel) weniger Dienste als im Krankenhaus zu leisten. Zudem besteht eine große Flexibilität bei der Urlaubseinteilung. Nachteilig ist zu erwähnen, dass die Karenzzeit in der Regel kürzer ausfällt, verglichen mit angestellten Ärztinnen. Für die Zukunft würde ich mir mehr junge Kolleginnen und Kollegen wünschen, welche den Schritt in eine eigene Ordination wagen!